Taunuspilze – Schätze des Waldes

Pfifferling, Steinpilz, Maronenröhrling: Diese Klassiker guter Speisepilze erkennt der durchschnittliche Sammler sicher – und die meisten Menschen kennen sie wenigstens noch dem Namen nach. Viele Leser haben sicher noch von ihren Eltern oder Großeltern auf Wanderungen die heimische Pilz- und Pflanzenwelt vermittelt bekommen. Tradierte Erfahrungen unserer Ahnen, die mit ihrer Natur und deren Schätzen über alle Jahreszeiten noch vertraut waren, fehlen uns vielleicht gerade heute mehr denn je. Pilzbestimmungsbücher oder Pilz-Apps alleine können sie keinesfalls ersetzen.
Von Mario Bohrmann

Hier im Taunus findet sich dank der vielen Kiefern-, Buchen- und Mischwälder sowie günstigen Klimabedingungen mit die größte Pilzvielfalt Mitteleuropas. Pilze nötigen uns großen Respekt ab, und das müssen sie auch; nicht nur, weil sie giftig sein können, sondern weil sie in unserer heimischen Kulturlandschaft, unseren Märchen und Mythen und letztlich unserer Nahrung immer eine große Rolle spielten. Wir widmen uns der heimischen Pilzwelt, insbesondere den essbaren derselben, aber auch den immer wieder vorkommenden Verwechslungen, die sich nur mit profunder Kenntnis vermeiden lassen, um ein prächtiges Mal aus Waldpilzen ungetrübt genießen zu können. Wie stark der Wunsch der Verbraucher ist, hier mehr zu wissen und Pilze sicher selbst bestimmen zu können, zeigen die ständig früh ausgebuchten Kurse des Wiesbadener Pilzexperten Franz Heller, die unter anderem das Umweltamt anbietet. Er ist hier ein besonders profunder Kenner, wie auch Brunhilde Noll von der Pilzfarm Noll in Weinbach bei Limburg. Beide unterstützten uns als Pilzsachverständige mit ihrem Wissen bei diesem Artikel.

Pilze werden ganzjährig im Supermarkt verkauft, sofern sie kultivierbar sind oder gerade irgendwo auf der Welt ihre Saison haben. Aber ob im Restaurant oder selbst zubereitet, frische Waldpilze toppen jeden Kulturchampignon um Längen. Selbst sammeln steigert den Genuss zudem erheblich. Das Auge freut sich bereits mit dem Gaumen beim ersten Anblick einer guten Beute. Die guten Fundstellen verraten erfolgreiche Sammler nicht gerne, denn die Pilze kommen eine Zeit lang immer wieder.

Unbestechlicher König – der Steinpilz

Während man sehr viele Pilze problemlos kultivieren kann, indem man ihnen Holz, Stroh oder Kompost als Wirt präsentiert und mit den passenden Sporen impft, sind Steinpilze nicht künstlich kultivierbar und brauchen ihren Wald und den passenden Boden. Steinpilze gehen symbiotische Verbindungen mit alten Buchenbeständen, Eichen- und vor allem Fichtenwäldern ein. Auch Pfifferlinge haben mehrere Baumpartner, zu denen sie sich gesellen, und wenn sie das tun, dann zeigen sie sich meist reichlich. Der wohlschmeckende Birkenpilz bleibt wiederum ausschließlich den Birken treu, während der giftige Fliegenpilz in Birken- und Fichtenwäldern sein Medium findet. Gerade in Lichtungen und Randbereichen, mit nicht zu viel Farn und Brombeergestrüpp, nicht zu nass, aber gerne geschützt durch Moos, zeigen sich diese Pilze gerne. Aber sie bleiben unbestechlich, nicht künstlich erzeugbar und eine begehrte Fundsache.

Die Mykorrhiza

Nicht nur die in Deutschland beliebtesten Pilzarten Steinpilz und Pfifferling, auch die hochgiftigen Knollenblätterpilze gehen eine sogenannte Mykorrhiza ein. Dies bezeichnet eine Lebensgemeinschaft, bei der Pilze mit den Baumwurzeln in Kontakt sind und die beiden wechselseitig Stoffe austauschen. Baum und Pilz profitieren gleichermaßen davon, auch wenn der Pilz hier eigentlich der „Parasit“ ist, der die Baumwurzel „befällt“. Die Pilze liefern der Pflanze Nährsalze, die sie über biochemische Prozesse durch ihr feines Pilzgeflecht viel besser und breiter aus der Erde ziehen können, und nicht zuletzt auch Wasser. Bäume und Pflanzen können die von den Pilzen aus dem Boden extrahierten Grundbausteine mithilfe der Photosynthese zu körpereigenen Stoffen umbauen und einen Teil derselben an die Pilze zurückgeben. Kurz gesagt: Das Pilzgeflecht düngt den Baum, der dafür Zuckerstoffe und somit pure Energie an den Pilz zurückliefert. Pilze selbst sind nicht zur Photosynthese fähig und können diese Stoffe nicht produzieren. Diese Osmose ist ein Geben und Nehmen „auf Augenhöhe“.

Für den Pilzsammler sind die Baumpartnerschaften der Mykorrhiza wichtiges, auch überlebenswichtiges Wissen, weiß er doch, unter welchen Bäumen er bestimmte Pilze erwarten kann, wohlschmeckende wie giftige. Dieses Wissen hilft ihm auch bei der Bestimmung. Es können gleich mehrere Arten unter einem Baum auftreten, und je nach Alter des Baums verändert sich auch die Vielfalt der Pilze.


„Unter Birken, Tannen, Buchen kannst du immer Pilze suchen; unter Eschen, Erlen, Linden, wirst Du nicht viel finden.“

 

Dieser alte Spruch behält immer seine Aktualität. Pilzen, die Symbiosen mit den Bäumen eingehen, kann man zwar den richtigen Raum geben, aber sie nicht im heimischen Garten erwarten, nur weil dort ein paar Kiefern stehen …

Wildwuchs versus naturschonendes Sammeln

Kilopreise um 39 Euro für den Steinpilz rufen auch die professionellen Sammler auf den Plan. Wenn es denn immer Profis wären, die nur Essbares mitnähmen. Gerade in den letzten Jahren nehmen die Kleinbusse mit oft osteuropäischen Kennzeichen zu, deren Insassen manchmal schlichtweg alles im Umfeld wegpflücken und dann erst am Fahrzeug aussortieren lassen, was überhaupt einen Wert hat. Es ist zwar ein Gerücht, dass Pilze nicht mehr wachsen, wo man sie herausreißt, aber wenn jeder Fliegenpilz umgetreten und jeder Röhrling gepflückt wird, hat es schon Auswirkungen auf deren Fähigkeit der Ausbreitung. Diese erfolgt unterirdisch über das Myzel, aber nur über ihre Sporen vermögen Pilze, neue Siedlungsflächen zu erschließen – wenn die Bedingungen passen. Sammeln zu kommerziellen Zwecken ist in Deutschland verboten, Ausnahmen sind aus Naturschutzgründen allenfalls mit schwer erhältlicher Sondergenehmigung möglich. Sollten Sie solch offensichtlich gewerbliche Sammler antreffen, informieren Sie bitte die Polizei oder den Revierförster. Ein Kilo je Sammler ist legitimer Eigenbedarf. Alles andere ist eine Form der Wilderei, die allen und allem schadet.

Der „Pilzblick“

Im auch nur halbwegs gesunden Wald abseits der Wege wird man kaum einen Schritt tun können, der nicht Folgen für irgendeine Pflanze oder sonstige Lebewesen am und im Boden hat. Es ist wichtig, hier besonders auf seine Füße zu achten. Ein unaufgeräumter Wald ist zudem gut für die Vielfalt, auch und gerade der Pilz- und Insektenwelt, die sich wechselseitig bedingt und voneinander lebt. Wie wir auch. Der umsichtige und fündige Sammler wird ohnehin nicht durch die Wälder rennen, sondern erst mal nach vorne und oben schauen, wo er sich befindet, dann nach unten, und gelegentlich stehen bleiben, um den Blick schweifen zu lassen. Man muss sich immer erst an die Umgebung und das Licht gewöhnen, die Pilze sehen bei feuchter Witterung auch anders, in der Regel deutlich dunkler aus als bei oberflächlich trockenem Waldboden. Dafür glänzen sie uns dann gelegentlich entgegen. Das erleichtert es manchmal, in jedem Fall aber muss sich unser Auge erst darauf einstellen. Dann tauchen sie plötzlich auf. Wenn sie denn da sind.

Selten im direkten Blickfeld, in der Peripherie des Auges nehmen wir meist die ersten Schirme der Begierde war. Denn obgleich die Netzhaut zentral ausgerichtet ist, stellt unser Hirn diese seitlichen und zunächst eigentlich unscharfen Blickfelder automatisch scharf, wenn dort etwas erkennbar wird, auf das wir aus sind. Wenn es eine gute Stelle am richtigen Tag ist, läuft es danach wie von selbst.

Von giftigen Gesellen und Alice im Wunderland

Der Fliegenpilz, der auf der ganzen Nordhalbkugel reichlich gedeiht, gilt als der Inbegriff des Giftpilzes. Doch nicht, weil er besonders tödlich wäre, da gibt es weitaus gefährlichere Arten, sondern weil er so auffällig ist, praktisch überall vorkommt und weil er eine starke psychedelische Wirkung auslöst: Halluzinationen, neben massiven Magenbeschwerden und Giftwirkungen, die den Rausch nicht lohnen. Seine Wirkungen waren bereits unseren Ahnen wohlbekannt, die durch Hungersnöte gezwungen und viel „trial and error“ über die Jahrtausende das grundlegende Wissen über Pilze – was ist giftig, was essbar und was ungenießbar – erarbeiteten, und dafür oft mit dem Leben bezahlten.

Alice im Wunderland fantasiert in ihren Erlebnissen wohl nicht ohne Grund riesige Fliegenpilze zusammen. Es war vermutlich dem anthropologischen Wissen des Autors Lewis Carrolls (1832-1898) geschuldet, bevor es den Begriff des „Wesens des Menschseins“ (die Anthropologie) überhaupt gab, das dieses Meisterwerk der Fantasyliteratur überhaupt entstand. Zu oft wird in Carrolls Kinderbuch für Erwachsene der Fliegenpilz im Kontext mit Drogen erwähnt oder gezeichnet. Nicht nur die auf dem Fliegenpilz sitzende, extrem entspannte und Wasserpfeife rauchende blaue Raupe lässt vermuten, dass sie Haschisch konsumiert. Auch die Aufforderung gleich zu Beginn des Märchens, nachdem Alice dem weißen Kaninchen gefolgt, in dessen Bau gefallen ist und ein Stück Kuchen findet mit der Aufschrift „Iss mich!“ und ein Getränk mit dem Hinweis „Trink mich!“ deutet darauf hin. Als Alice den Aufforderungen nachkommt, beginnt sie wahlweise zu wachsen und zu schrumpfen. Eigentlich verändert sich jedoch nur ihre Größen- und Außenwahrnehmung infolge des Drogenkonsums.

Hier spielt Carroll auf bereits lange bekannte Zusammenhänge und Rituale an. Es wird bis heute noch in Naturvölkern, um die psychedelische Wirkung zu erzeugen, nicht nur direkt der Fliegenpilz konsumiert, sondern im Anschluss von Anderen auch der Urin des Schamanen. Was eklig klingt, geht auf die Erfahrung zurück, dass der giftige Wirkstoff Ibotensäure bei der Verdauung zu Muscimol abgebaut wird, was deutlich weniger giftig ist, dabei aber eine größere Rauschwirkung erzeugt. Durch das Trinken des Urins können also unangenehme Wirkungen wie Magenkrämpfe und Brechreiz umgangen werden. Nicht aber für den Produzenten! So genießen Schamanen, die sich mit Fliegenpilzen selbst vergiften, um in einer Art Trance Menschen zu heilen oder zu helfen, höchsten Respekt ihres Stammes, weiß man doch, dass sie dadurch deutlich früher sterben.

Der Kuchen in Alices Wunderland ist offensichtlich der Pilz und das Getränk der Urin. In einer späteren Szene, in der die weiße Königin einen Zaubertrank braut, um Alice’ Größe anzupassen, erwähnt diese Urin sogar namentlich als Zutat.


Giftwirkung je nach Region

Je nach Region und Boden reichern Pilze große Mengen an Nährstoffen und Vitaminen an, produzieren daraus hochwertige Eiweiße, aber auch Giftstoffe in ihren sichtbaren Fruchtkörpern. Diese Prozesse laufen je nach Region unterschiedlich ab, da sich die Bedingungen unterscheiden. Somit sind die wirksamen, auch die toxischen Bestandteile in wechselnden Dosierungen in den Pilzen enthalten. Diese Vorgänge sind jedoch noch nicht annähernd wissenschaftlich geklärt.

Während Einheimische im Ural problemlos eine Suppe aus Fliegenpilzen zuzubereiten wissen, dort die Giftwirkung auch deutlich schwächer ist, würde man in Deutschland an einer solchen Suppe wohl sterben. In Sibirien und Japan steht der Fliegenpilz, speziell zubereitet, sogar auf der Speisekarte.

Dass mancherorts, gerade auch in Asien oder Mittelamerika, nach alten Bräuchen und schamanischen Ritualen mit bestimmten heimischen Pilzen, den „Magic Mushrooms“ bewusst eine halluzinogene Giftwirkung erzeugt wird, auch um Probleme zu lösen und sich mit anderen Ebenen zu verbinden, darf nicht darüber hinwegtäuschen, wie riskant dies auf psychischer und emotionaler Ebene sein kann. Auch in Deutschland wachsen solche Pilze mit rein psychedelischer Wirkung. Sie sind hier jedoch nur ein Nebenthema, wer sich detaillierter darüber informieren möchte, dem sei die Ausstellung „Pilze – Nahrung, Gift und Mythen“ im Landesmuseum ans Herz gelegt.

Die Wurzel des Übels ist Unkenntnis – oder eine Knolle

Die Gefährlichkeit vor allem der Knollenblätterpilze jedoch kann man nicht oft genug betonen. Derzeit liegt ein Vater mit drei Kindern in verschiedenen Krankenhäusern Frankfurts mit Spezialabteilungen für Lebererkrankungen. Es sind syrische Flüchtlinge, die diesen Pilz aus der Heimat nicht kannten, wohl aber ähnlich aussehende essbare in ihm vermuteten. Sie haben Ende August den gefährlichsten unter ihnen, den Grünen Knollenblätterpilz, gegessen, der schon in geringer Dosis giftig ist, perfiderweise seine Giftwirkung jedoch erst nach ein bis zwei Tagen entfaltet, wenn es für Gegenmaßnahmen wie Magenauspumpen zu spät ist. Man spürt ihn erst, wenn er bereits die Leber zu zersetzen begonnen hat. Die Schädigungen sind in jedem Falle bleibend, im schlimmsten Fall hilft nur noch eine rechtzeitig erhaltene Spenderleber. Sonst gibt es keine Rettung.

Genau hinsehen

Pilzexperte Franz Heller schildert uns, dass es oft vorkommt, dass ausländische Besucher unsere Pilzwelt mit der ihren verwechseln. Was aber nie nötig wäre, würde man allen Sporen nachgehen (man mag dieses Wortspiel verzeihen). Und der Wurzel auf den Grund. Es macht immer Sinn, gerade wenn man eine Pilzart nicht hundertprozentig sofort erkennt, sie umsichtig aus dem Untergrund herauszudrehen. Bei kleineren bleibt nur das Zupfen. Die ersten weiteren Erkennungszeichen der Pilzart, nun von unten betrachtet, sind dann die Lamellen oder Röhren, als Sporenträger im Schirm – und der Pilzfuß, der auch die Knollen des insgesamt giftigen Blätterpilzes nach dem Herausdrehen deutlich anzeigt – die man beim bloßen Abschneiden aber nicht erkannt hätte. Eigentlich sollten gerade Knollenblätterpilze für jedermann leicht von allen anderen Pilzen zu unterscheiden sein. Und wenn man einen Pilz nicht sicher als essbar einordnen kann, dann lässt man ihn stehen oder am Ort liegen. Denn die vergehenden Fruchtkörper sind bester Naturdünger für den Wald und Futter vieler Tiere.

Mit der Zeit und mehr Erfahrung erkennt man seine Pilze, auf die man nun geeicht ist, in jedem Stadium. Schlimmstenfalls versaut man sich dann mal ein Pilzgericht, weil man einen bitteren, ungenießbaren Gallenröhrling gerade im jungen Stadium mit einem Steinpilz verwechselt hat. Aber man kann sich damit nicht vergiften!

PILZGERĂśCHTE

Pilze darf man nicht aufwärmen

Alle frisch zubereiteten und genießbaren Pilze kann man, wenn man sie gut geputzt und über Nacht im Kühlschrank aufbewahrt hat, am nächsten Tag bedenkenlos aufwärmen und essen. Wichtig ist, dass man gesammelte Pilze am gleichen Tag putzt und zubereitet oder direkt einfriert. Aufgewärmtes sollte man mindestens auf 80 Grad Celsius durcherhitzen, weil man es eben auch mit Eiweißen zu tun hat, die ihre Fans unter den Bakterien haben. Die Pilzexpertin Brunhilde Noll gibt uns mit auf den Weg: „Pilze werden wie Gemüse gehandelt, sollten aber als Fleisch behandelt werden!“

Pilze, die an Holz wachsen, sind essbar?

An Holz und auch auf Holzmehl kultiviert wachsen sehr gute Speisepilze: der Austernseitling, Stockschwämmchen und viele andere. Aber auch der Gift-Häubling, an dem man sterben kann, wächst auf Holz. Und jede Menge ungenießbare Baumpilze. Holz allein wäre also ein sehr schlechtes Merkmal.

Ein Silberlöffel im Pilzgericht erkennt den Giftpilz

Dieses Gerücht kommt durch die Reaktion von Silber mit bestimmten Eiweißen zustande. Auch ein gekochtes Ei isst man aus gutem Grund nicht mit einem Silberlöffel, sondern Holz- oder Nichtedelmetallbesteck. Silber reagiert sofort mit dem Hühnereiweiß, und es schmeckt dann auch nicht. Es ist bei Pilzen aber ein allemal untaugliches Merkmal, denn bei den giftigsten Pilzen, grüner und weißer Knollenblätterpilz, verfärbt sich kein Silberlöffel. Aber einige sehr gute Speisepilze, wie Rotkappe, Hexenröhrlinge und manche Steinpilzarten, verfärben den Silberlöffel bläulich.

Pilze und Alkohol vertragen sich nicht

Es gibt Pilze, wie den Falten- und Schopftintling, die in jungem Stadium essbar sind, sich aber nicht mit Alkohol vertragen und dann eine Giftwirkung auslösen, die sehr unangenehm ist, aber nicht tödlich. Grundsätzlich ist also nicht die Wahl des Weines, sondern die des Pilzes Auslöser für Unwohlsein. Tintlinge liefern auch einen Tintenersatz, man kann aus manchen alten Schriften heute noch Sporen in der Tinte erkennen. Auch der netzstielige Hexenröhrling kann noch Tage nach dem Verzehr beim Genuss von Alkohol starke Magenprobleme auslösen. Während der flockenstielige Hexenröhrling nicht nur lecker ist, sondern sich auch mit Wein verträgt.

Alle Pilze, die sich verfärben, sind giftig

Auch dies ist Unsinn, denn alle tödlich giftigen Pilze verfärben sich bei Verletzungen gerade nicht! Aber sehr viele gute Speisepilze laufen bei Druck und an Schnittstellen blau oder rötlich an.

 

Pilzberatung

Um einer Vergiftung vorzubeugen, sollten unsichere Pilzsammler immer eine Beratung aufsuchen. Noch bis 28. Oktober 2017 bietet das Umweltamt diese jeden Montag zwischen 16 und 18 Uhr im Umweltladen kostenlos an. Und in jedem Herbst erneut. An diesen Terminen bestimmt der Pilzexperte Franz Heller die von Sammlern mitgebrachten Pilze. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Umweltladen
LuisenstraĂźe 19
65185 Wiesbaden

Empfehlungen beim Sammeln

Drehen Sie die Pilze, gerade wenn Sie beim Fund noch unsicher sind, um was es sich genau handelt, behutsam heraus. Wissen Sie nun sicher, dass er essbar ist, säubern Sie ihn am besten direkt mit einer feinen Bürste. Ein einfaches Pilzmesser hat sie meistens mit dabei. Wenn Sie erdige Pilze zu sauberen werfen, müssen Sie hinterher umso mehr putzen und auch mehr wegwerfen.

Drehen Sie größere Pilze, die Sie nicht sofort verarbeiten können, über Nacht auf den Kopf. Will heißen, Sie stellen sie auf den Schirm. Würmer verlieren nun die Orientierung und fressen sich nicht weiter in die guten Stellen hinein, sondern treten ungewollt den Rückzug an. Sie können es teils an den Fraßgängen erkennen.

Verarbeiten Sie Pilze zeitnah und sammeln Sie sie in luftdurchlässigen Stofftaschen, besser noch offenen Körben, um Druck zu vermeiden. Pilze sollten nicht gewaschen, sondern nur von Hand gesäubert werden. Wasser saugen sie auf wie ein Schwamm. Kann man nicht alle sofort verbrauchen, empfiehlt es sich, sie frisch und portioniert einzufrieren oder zu trocken.


WISSENSWERTES

Pilzdatenbank der Stadt Wiesbaden

www.wiesbaden.de/fungi

Pilzexkursionen, Beratung und Kurse durch das Umweltamt

www.wiesbaden.de/pilze

Bei Verdacht einer Pilzvergiftung die Giftnotrufzentrale anrufen!
Erste-Hilfe-MaĂźnahmen bei Pilzvergiftungen unter: 06131 19240

Giftinformationszentrum (GIZ) der Länder Rheinland-Pfalz und Hessen
Adresse: Klinische Toxikologie, II. Med. Klinik und Poliklinik der Universität Mainz
Langenbeckstraße 1, Gebäude 601, 55131 Mainz

 

PILZOSOPHISCHER EXKURS

Der Herbst bringt vielleicht nicht jedermanns Lieblingswitterung mit sich, aber die buntesten Farben und Vielfalt. Die Natur beginnt sich zu erneuern, bereitet sich durch das Abwerfen des Laubes, bei jenen Bäumen, die sich entkleiden wollen, auf den Rückzug und Winterschlaf vor. Schützt sich und begleitendes Gewächs durch sein Laub vor Austrocknung und gibt zahllosen Tieren, den Nachbarbäumen und anderen Pflanzen neue Nahrung. Vor allem den Pilzen. Totes Holz fällt ab, Bäume manchmal um, doch nichts im Wald stirbt wirklich. Dies zeigen uns gerade die Waldpilze aller Arten, die weder Pflanze noch Tier sind. Aber mehr als irgendwas dazwischen.

Der Pilz, der auf Holz, zwischen Laub oder Tannennadeln, durch Moosfelder begürtelt, zwischen nur leicht mit Humus bedeckten Felsformationen oder auf freiem Feld zu seiner Zeit wächst, braucht meist seinen Wirt, oder nutzt dessen Rückstände. Wir Sammler ernten nur den Fruchtkörper, der meist binnen weniger Tage heranwächst, aus dem Boden schießt. Gerade wenn die Pilze sich mit Kraft durch die Erde drängen, machen sie bei günstigen Bedingungen einen fast mit dem bloßen Auge verfolgbaren Schub binnen weniger Stunden. Deshalb sind die meisten Pilze von „Geburt“ an rund und geschlossen, um beim Drang ans Licht ihre Nachkommen erzeugende Schicht zu schützen. Der noch geschlossenem Schirm erleichtert das durchdringen der Erde und schützt auf diesem Weg seine Sporen.

Die Kraft tanken die Pilze aber nicht aus einer kleinen Wurzel, als wären sie einem Samen entschlĂĽpft. Sie erhalten sie durch ein meterweit, oft kilometerweit verzweigtes Netz aus Pilzfäden und breiten sich ĂĽber den ihnen genehmen Boden aus. Oberirdisch aber trachten sie danach zu blĂĽhen und ĂĽber diese BlĂĽten, die Fruchtkörper, ihren Samen in Form von Sporen weitertragen zu lassen. Auf diesem Weg bieten sie uns und zahlreichen Käfern, Larven, WĂĽrmern und Schnecken Nahrung, oder Unterschlupf…

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