Schiersteiner Brücke: Kein Anschluss unter Mainzer Nummer?

Vater Rhein bildet zusammen mit dem Main eine wesentliche Verkehrsader für die Schifffahrt und ist zugleich Hindernis für den sonstigen Austausch von Waren und Dienstleistungen über den Strom hinweg. Der Rhein auf Höhe Mainz/Wiesbaden ist zudem nicht eben schmal und leicht zu überbrücken. Mehr als 1.200 Meter sind es über die Rettbergsau hinweg.

Bundesautobahnen sind Sache des Bundes. Die Länder organisieren die Planungen und Ausschreibungen für die Gewerke und setzen den Planfeststellungsbeschluss schließlich um. Einen solchen Brückenbau „vor der Haustür“ erlebt man nicht alle Tage. Schauen Sie ruhig öfter hin. Wir werden Bilder seines Fortschritts in den nächsten Jahren immer wieder festhalten.

Gute alte Brücke

Die Schiersteiner Brücke wurde bereits seit 1955 als Teil des Stadtrings Mainz-Wiesbaden geplant, neben der Mainbrücke bei Hochheim und der Weisenauer Brücke an der A 60. Zunächst als Bundesstraße gedacht, bildet sie zusammen mit der A 66, der A 671 und A 643/Schiersteiner Brücke heute den Mainzer Ring. Der Planfeststellungsbeschluss folgte am 13. Juli 1959. Im Dezember 1962 wurden Schiersteiner und Weisenauer Brücke zeitgleich dem Verkehr übergeben.

Für Überbauten und Strombrücken wurden 13.995 Tonnen Baustahl benötigt. Brücken solcher Spannweite, eigentlich ja auch Trag-weite, werden üblicherweise vor allem aus Stahl gebaut, darüber kommt eine Betondecke. Flutbereiche und Landebrücken wurden damals wie heute aus Spannbeton gebaut Die gesamte Schiersteiner Brücke kostete vor rund 55 Jahren 32 Millionen DM und war nach knapp dreieinhalb Jahren Bauzeit fertig gestellt.

Hessen ist zuständig

Da der größte Teil der Schiersteiner Brücke in Hessen liegt und der kleinere in Rheinland-Pfalz, kümmert sich aufgrund vor Jahren getroffener Absprache zwischen den beiden Ländern die hessische Landesverwaltung alleinig um die Unterhaltung der Schiersteiner Brücke. Die rheinland-pfälzische Landesverwaltung ist dagegen für die Weisenauer Brücke alleinverantwortlich. Die jeweilige Namensgebung der Brücken zeigt auch die Zuständigkeit der Landesämter an. Schierstein gehört zu Wiesbaden (Hessen), Weisenau zu Mainz (Rheinland-Pfalz).
Man ging Ende der 1950er Jahre von 7.100 Kraftfahrzeugen pro Tag aus, maximal 23.000 wurden für möglich gehalten. Heute fahren täglich rund 90.000 Fahrzeuge, bis zu 10 Prozent Schwerlastverkehr, an dieser Stelle über den Rhein. Dafür war die Schiersteiner Brücke nie ausgelegt und ließ sich auch nicht mehr ertüchtigen. 1995 versuchte man es noch mit einer grundlegenden Instandsetzung in mehreren Schritten bis 1999. Jedoch stellte man nach Entfernen des Fahrbahnbelags fest, das sich das Tausalz tief in den Beton eingefressen und den Querschnitt von Spanngliedern um 50 Prozent gemindert hatte. Umfangreiche Untersuchungen zeigten Gewaltbrüche an vielen Schweißnähten. Eine Sanierung auf Zeit zeichnete sich ab. 21 Millionen DM kosteten die Maßnahmen.

Prophetische Ankündigung

Dann kam 2003, ergänzt 2005, ein Gutachten zu dem Schluss, dass jede wirtschaftlich sinnvolle Sanierungsmöglichkeit ausgeschöpft sei, maximal zehn Jahre, bis 2015, sei die Nutzung ohne fortlaufende Nachbesserung möglich, und dies auch nur mit Tempolimit, wie es seit 2007 gilt. Eine fast prophetische Ankündigung, denn pünktlich zum Jahresbeginn 2015 sackte ein Teilstück unmittelbar hinter der eigentlichen Brücke ab, mutmaßlich begünstigt durch Bauarbeiten direkt daneben. Doch die Ursache und Schuldfrage werden noch die Gerichte zu klären haben, denn es gab und gibt gewaltige Folgeschäden.

Vorplanungen zwischen 2005 und 2011

Die Landesbehörden begannen unmittelbar nach diesem entscheidenden Gutachten 2003 den Neubau der Schiersteiner Brücke zu planen. Sie könnte zwar noch weitere 50 Jahre erhalten bleiben, wenn man ständig weiter kontrolliert und ertüchtigt, Schweißnähte erneuert, Pfeiler unterstützt - aber wirtschaftlich sinnvoll wäre es nach Aussage der Behörden nicht. Und das leuchtet ein, angesichts des Zustandes und seiner Auswirkungen. Zahllose Gutachten und Stellungnahmen im Zusammenhang mit dem Planfeststellungsverfahren füllen digitale Medien, die von den Landesbehörden Hessen Mobil und dem Rheinland-pfälzischen Landesbetrieb für Mobilität erarbeitet wurden. Hessen Mobil ist federführend für die Neubauten Schiersteiner Brücke und das Schiersteiner Kreuz zuständig. Der Leiter des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen, Harald Mank, hat sichtlich Freude an diesem größten Projekt seiner Karriere. Hessen liegt im Plan, auch bei den Kosten, die letztlich bei mindestens 260 Millionen Euro liegen werden. Wir fragen ihn, ob es sein Lebenswerk sei. Das lehnt er eher ab. Ein solches Projekt ist vor allem Teamwork. Und es wurden zuvor Experten in Geologie, Naturschutz, Straßenbau, Statik und vielen anderen wissenschaftlich-, oder technischen Nebenaspekten gehört.

Verkehrsuntersuchungen prognostizierten den Verkehr zum Jahr 2020 auf verschiedenen Teilabschnitten und ermittelten den Anteil von Schwerlastverkehr. Dieser erhöht sich nachts auf rund zehn Prozent aller Fahrzeuge und belastet Brücken um ein Vielfaches im Vergleich zu PKW, geradezu exponentiell versetzt es in Schwingungen die aufgefangen werden müssen, denn eine Brücke muss in sich beweglich bleiben. Parallel wurden Alternativen geprüft, falls durch Neubau oder Sperrung die Brücke überhaupt nicht mehr nutzbar wäre. Auch ein regelmäßiger Fährverkehr über die Panzerrampe in Walluf nach Budenheim, wie wegen der zeitweisen Sperrung auch umgesetzt, wurde als Alternative geprüft und verworfen.

Bei den verschiedenen Szenarien wurde schnell klar, dass Schiersteiner und Weisenauer Brücke als Rheinquerungen für die ganze Region von so zentraler Bedeutung sind, dass während der Bauzeit die Anzahl der Fahrstreifen nach Möglichkeit aufrecht erhalten bleiben muss. Auf dieser Grundlage wurde das Brückenbauwerk im Rahmen eines Gestaltungswettbewerbs ausgeschrieben. Ein Neubau unterhalb sollte entstehen, der parallel zur vorhandenen Rheinbrücke errichtet wird und die Fahrtrichtung Wiesbaden-Mainz fortführt. Mit Fertigstellung wird der gesamte Verkehr auf die neue Brücke geleitet und die alte abgebrochen. Dann wird dort eine baugleiche Brücke errichtet, die die zwei großen Flusspfeiler im Biebricher Strom wieder verwenden kann. Beide Brücken sollen ab 2019 nutzbar sein.

Getrennt beauftragt, jedoch ganzheitlich betrachtet sollen die Maßnahmen nicht nur die Brücke erneuern und mehr Fahrspuren bereitstellen, es soll auch der Knotenpunkt Schiersteiner Kreuz durch zweispurige Auf- und Abfahrten von und auf die A 66 ertüchtigt werden. Deshalb die häufigen Sperrungen des Nachts an Wochenenden, wenn Behelfsbrücken gebaut werden um den Verkehr überhaupt durchgängig aufrecht zu erhalten. Deshalb stehen gigantische Kräne mitten auf dem Kreuz A66/A643 und verändern ständig ihren Platz. Nicht nur die Autobahnbrücke über die A66 wird neu gebaut, zwei Eisenbahnunterführungen als Verbindung zur A643müssen ebenfalls erneuert werden. Das alte „Kleeblatt“ wird aufgelöst und in neue und teils längere Zuwegungen überführt. Dadurch sollen das Einfädeln erleichtert und Rückstaus verhindert werden.

Der Neubau

Zehn Wettbewerbsteilnehmer wurden zugelassen, meist Arbeitsgemeinschaften aus Tragwerksplanern und Architekten. Das Architekturbüro Ferdinand Heide aus Frankfurt gewann zusammen mit der Grontmij BGS-Ingenieurgesellschaft die Ausschreibung, weil ihr Entwurf besonders behutsam auf die naturschutzrechtlichen Belange eingeht und auch einige besondere Ideen einbringt, wie den unter der Brücke aufgehängten Rad- und Fußgängerüberweg, der im letzten Bauabschnitt entsteht. Hier werden die für den Neubau eigentlich zu großen Strompfeiler der alten Brücke zusätzlich als Aussichtsbalkone hergerichtet. So entsteht ein im Wesentlichen barrierefreier Fußgängerweg mit teils leicht erhöhter Steigung, der alle drei Uferzonen miteinander verbindet. Die beiden Strompfeiler werden als einziges Relikt der alten Brücke stehen bleiben. Was nicht einmal der Architekt wusste: Die Betonhüllen wurden seinerzeit mit Granitplatten des Reichsparteitagsgeländes aus Nürnberg verkleidet. Diese waren nach dessen Abriss zur Zeit des Brückenbaus günstig zu haben und schwimmen auch weiterhin gegen den Strom. Man sollte es als positives Symbol verstehen.

Ein vielseitiger Architekt

Der Entwurf von Ferdinand Heide, der im Übrigen auch für die Planung der neuen Rhein-Main-Hallen verantwortlich zeichnet, berücksichtigt den Wunsch nach möglichst wenig Brückenpfeilern auf der Rettbergsaue und im Strom selbst. Zudem soll die flache Konstruktion die Avifauna, also alle in der Region lebenden Vogelarten, möglichst wenig beeinträchtigen. Auch der Blick in den Taunus soll ungehindert möglich bleiben. Die einzelnen Brückenbauwerke sind schmaler, aber in der Gesamtheit deutlich breiter als die alte Rheinbrücke. Sie werden auf beiden Richtungsfahrbahnen jeweils einen Geh- und Radweg erhalten. Aufgrund der verschiedenen Zielpunkte auf hessischer beziehungsweise rheinland-pfälzischer Seite haben die beiden Brückenhälften einen unterschiedlichen Abstand voneinander. Sind es im Norden an der Äppelallee nur circa vier Meter, so klaffen die Brücken an der Ausfahrt Mainz-Mombach im Süden rund 19 Meter auseinander.

Als Ausgleichsmaßnahme für den doch erheblichen Eingriff ins Naturschutzgebiet Rettbergsaue wird ein Altrheinarm bei Geisenheim renaturiert und mit Brücken überspannt. Spaziergänger und Radfahrer erhalten einen Ausgleich für durch Straßenbau verlorengegangenes Terrain flussaufwärts. Diese Maßnahme ist bereits weitgehend abgeschlossen und wurde mit Kosten in Höhe von rund drei Millionen Euro kalkuliert. Ironie der Geschichte: Als wir kurz vor Redaktionsschluss die Rettbergsau besichtigten - auf der einen Seite eine riesige Baustelle unmittelbar neben der Brücke, auf beiden anderen ein Naturidyll – liefen wir durch einen riesigen, als Ausgleich für den Bau der ICE-Strecke vor fast 20 Jahren gepflanzten Auenwald. Auf früher landwirtschaftlich genutzter Fläche. Mehr dazu aber in unserem Artikel zur Rettbergsau.

Infokasten

Der Brückenneubau gliedert sich in drei wesentliche Bauphasen.
 
Phase 1: Neubau der unterstromigen Brücke bis Mitte 2016
- Frühjahr 2013: Beginn der Ausführungsplanung
- Mitte September 2013: Beginn der Gründungsarbeiten auf Wiesbadener Seite
- Ende 2013: Beginn Fertigung der Stahlüberbauten in den Stahlwerken
- Ende 2013: Erstellung des Rahmenbauwerks an der Rheingaustraße bis Frühjahr 2014
- Ab Frühjahr 2014: Montage der Stahlüberbauten
- Ab Mitte 2015: Herstellung der Überbauten (Betonbau)
- Ab Frühjahr 2016: Komplettierung und Restarbeiten (Fahrbahnbelag und -Markierung, Schilderbrücken, Entwässerung, Einbau Versorgungsleitungen).
 
Phase 2: Abbruch der bestehenden Rheinbrücke Schierstein bis Ende 2016
Nach erfolgter Fertigstellung und Verkehrsumlegung auf die neue Brückenhälfte beginnt direkt der Abbruch der alten Brücke. Aus Gründen des Naturschutzes und der Sicherheit wird die Brücke zurückgebaut und nicht gesprengt.
 
Phase 3: Bau der oberstromigen Brücke bis 2019
- Ab Herbst 2016: Herstellung der Unterbauten
- Ab Mitte 2017: Herstellung der Überbauten (Stahlbau)
- Ab Frühjahr 2018: Herstellung der Überbauten (Betonbau)
- Ab Frühjahr 2019: Herstellung Fahrbahn und Ausstattung

Quelle: http://www.schiersteinerbruecke.de/artikel/bauablauf

Missverständnisse und Missgeschicke

Gemäß Vereinbarung zwischen den Ländern baut die hessische Seite die Schiersteiner Brücke bis zum Anschluss Mainz-Mombach. Doch dort wird es auch nach Fertigstellung 2019 nur zwei Spuren geben, auf die die dreispurige Brückenführung den Verkehr verdichten muss. Der Anschluss der neuen Brücke kommt zudem 16 Meter weiter seitlich an, derzeit noch im Nichts.
Nicht nur der Schaden an der alten Vorlandebrücke, der pünktlich zur Fassenachtszeit am 20. Februar 2015 eine monatelange Sperrung der A643 zur Folge hatte, ist ein Ärgernis für alle betroffenen Pendler und beteiligten Konstrukteure. Ohne Neubau des „Herzstücks“ bei Mombach und seiner Ergänzung durch eine neue Vorlandebrücke wird es jahrelangen Schleichverkehr geben bei diesem erzwungenen Schwenk von der neuen Brücke aus Wiesbaden zur alten A 643 bei Mainz-Mombach

Aus drei mach zwei...

Die Schiersteiner Brücke wird den Wiesbadener Fassenachtern zumindest für die nächsten Jahre genug Munition gegen die Mainzer liefern, haben die Landesverantwortlichen doch verschlafen, sich um ihr „Herzstück“ zu kümmern, den Anschluss an die neu gebaute Brückenführung. Auch der Ausbau bis zum Dreieck Mainz auf drei Spuren plus Standstreifen ist noch nicht einmal fertig geplant, geschweige denn planfestgestellt. Während Hessen und das Amt für Straßen- und Verkehrswesen in Wiesbaden seit 2006 konsequent die Großprojekte Schiersteiner Brücke und Umbau Schiersteiner Kreuz vorbereitet haben und seit 2013 bauen, hat sich Rheinland-Pfalz nach den Landtagswahlen ab 2011 aus der Fortsetzung des Plans „Ausbau A 643“ als Tribut an die rot-grüne Koalition abgewendet. Zumindest hat es den Anschein, als hätte man seitdem nur das Nötigste gemacht.
Hintergrund: Während in Hessen das Planfeststellungs- und Anhörungsverfahren weitgehend geräuschlos lief, es ging vor allem um Einwendungen zum Lärmschutz und zu Ausgleichsmaßnahmen, wollen Umweltverbände und Naturschützer auf der anderen Rheinseite keinen sechsspurigen Ausbau im Naturschutzgebiet „Mainzer Sand“ zwischen Mombach und Gonsenheim. Als Alternative schlug Rheinland-Pfalz 4 + 2 vor, also die Weiterverwendung der alten Spuren in jede Richtung und die temporäre Freigabe der Standstreifen als dritte Fahrspur zu Stoßzeiten. Diese erzwungene Reduzierung der Fahrspuren auf der sonst neu ausgebauten Strecke wurde von Seiten vieler Pendler, Experten und auch des Bundesverkehrsministers sehr kritisch betrachtet.

...Aus und vorbei

Der Bund ließ sich letztlich seine Planungshoheit nicht aus der Hand nehmen und verlangt den sechsstreifigen Ausbau. Wer bezahlt, bestellt auch die Musik. Unmissverständlich wurde vom Bundesverkehrsminister auch auf den seit Jahren zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz vereinbarten Ausbauquerschnitt hingewiesen. Das Land muss dem nachkommen und nun nachholen, was augenscheinlich vier Jahre links(rheinisch) liegen blieb. Wir haben Mitte Juni dem LandesBetrieb Mobilität (LBM) Rheinland-Pfalz Fragen gestellt, deren Beantwortung eine klare Sprache, regelrechte Frustration ausspricht. Die dort zuständigen Ingenieure und Straßenbauer sind nicht verantwortlich zu machen. Die politisch Verantwortlichen haben versagt:

Frage und Antwort über den Rhein

Lilienjournal: Auf welche Geschwindigkeit wird der Verkehr auf der neuen Schiersteiner Brücke (unterstromig) gedrosselt werden müssen, um die S-Kurve zur Anschlusstelle Mombach/A643 befahren zu können?
LBM: Dies steht abschließend noch nicht fest. Die Geschwindigkeit wird entweder 40 km/h oder 60 km/h betragen.
 
Lilienjournal: Wie stark ist die Verschwenkung der Fahrbahnen auf welcher Länge des Herzstücks?
LBM: Abschließend steht auch das noch nicht fest. Wir gehen derzeit davon aus, dass die Fahrbahn ungefähr 100 Meter zweispurig in beiden Fahrtrichtungen verschwenkt wird.
 
Lilienjournal: Wie lange wird dieser Zustand voraussichtlich anhalten bzw. wie ist der Stand des Planfeststellungsverfahrens für den Ausbau A643 und neue Vorlandebrücke?
LBM: Derzeit werden die Planfeststellungsunterlagen für den Abschnitt AS Mombach–AS Gonsenheim vorbereitet. Ziel ist es, das Planfeststellungsverfahren 2016 einzuleiten.
 
Lilienjournal: Warum wurde damit nicht früher begonnen?
LBM: 2011 wurde im Koalitionsvertrag Rheinland-Pfalz 2011 – 2016 folgendes festgelegt:  „Ausbau der A 643: Bei dem Ausbau der A 643 zwischen der Anschlussstelle Mombach und dem Autobahndreieck Mainz verabreden die Koalitionspartner die Untersuchung einer Ausbauvariante auf vier Spuren und zwei Standspuren, die bei Bedarf zu Fahrspuren werden können. Zielsetzung der Partner ist es, dieses Modell umzusetzen.“ Mit dieser Kompromisslösung sollte ein möglichst breiter Konsens für den Ausbau vor Ort erreicht werden.
Für den BVWP 2015 hat das Land Rheinland-Pfalz im Mai 2013 die A 643 vom AD Mainz bis zur AS Mombach mit einer 4+2 Lösung angemeldet. Ende Juli 2013 hat das Bundesverkehrsministerium (BMVI) eine Weisung für eine 6+2-Planung der A 643 zwischen AS Mainz-Gonsenheim und AS Mainz-Mombach dem Land Rheinland-Pfalz als Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen erteilt. Herr Minister Lewentz hat in verschiedenen Gesprächen mit dem Bundesverkehrsminister eine Kompromisslösung angeboten. Im März 2014 hat Herr Bundesminister Dobrindt endgültig einer Kompromisslösung eine Absage erteilt und hat die Entwurfsplanung für einen 6+2-Ausbau eingefordert. Dieser wurde dem BMVI im April 2014 vorgelegt und im August 2014 genehmigt. Danach wurde mit der Erstellung der Planfeststellungsunterlagen begonnen.

Lilienjournal: Gibt es zum Schaden an der alten Vorlandbrücke neue Erkenntnisse zur Ursache und Schadenhöhe?
LBM: Zurzeit finden im Baufeld noch weitere Erkundungsbohrungen für die Ursachenforschung und Bodenbeprobungen durch den Gutachter statt. Diese Arbeiten werden vsl. bis zur Sommerpause fertiggestellt; mit einer Vorlage des Gutachtens rechnen wir daher noch im Sommer.

Jahrelanges Provisorium?

Vier bis fünf Jahre dauert ein solches Planfeststellungsverfahren mindestens, vor 2016 wird man die Vorbereitungen, wie die Behörden selbst bekennen, nicht abgeschlossen haben, somit wäre bestenfalls 2020, also rund zwei Jahre nach Fertigstellung der Schiersteiner Brücke(n) Baureife gegeben für neue und erweiterte Vorlandebrücken sowie eine Verbreiterung der A 643 zwischen Mombach und dem Dreieck Mainz. Da bereits Klagen der Umweltverbände angekündigt wurden, auch sie haben ihre Argumente und fordern zumindest Ausgleich, drohen weitere Hindernisse. Verzeihen Sie uns unsere schonungslose Offenheit. Aber vor 2022/2023 wird nach derzeitigem Ermessen kein reibungsloser Verkehrsfluss in Autobahngeschwindigkeit zwischen Mainz und Wiesbaden möglich sein. Aber die Schiersteiner Brücke selbst wird 2019 in Rekordzeit stehen.

Seltene Bilder und Ingenieurskunst

Deren Baufortschritt und manch spektakulären Einhub von Brückenteilen live zu sehen, ist ein Ereignis, welches nur alle zwei bis drei Generationen vor der Haustür geboten wird. Im Sommer werden die ersten Brückenteile langsam auf Schienen auf die neuen Flusspfeiler geschoben. Im Herbst, spätestens frühen Winter, wird das am Biebricher Ufer liegende Mittelstück von 120 Metern Länge eingesetzt. Hessen Mobil verspricht eine Party für die Bevölkerung. Aus weitem Umkreis wird man dies beobachten können. Lilienjournal bleibt dran und informiert auf unserer Homepage und via Facebook über relevante Termine, die oft nicht sehr lange im Voraus geplant werden können.

Infokasten

Allgemeine/technische Daten:
Gesamtlänge je Brücke: 1.280 m
Breite je Überbau 21,72 m
Brückenfläche: 54.000 m²
Erdaushub: 40.700 m³
Beton: 65.900 m³
Stahl: 40.900 t

http://www.schiersteinerbruecke.de/artikel/planung

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