Das finale Mühlensterben
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzte sich das Mühlensterben fort. Nach 1945 kam es zu einer kurzen Erholung und Reaktivierung bestehender Mühlen, die schnell zu großen Überkapazitäten führten. Das „Mühlengesetz“ von 1957 ermöglichte den vielen kleinen und mittleren Mühlenbetrieben mittels „Stilllegungsprämien“ der Ausstieg aus dem mehr und mehr unrentablen Mühlengeschäft. Die meisten Mühlen wurden ausgeschlachtet, übrig blieben oft nur Ruinen. Manche erfuhren zumindest eine Wiederbelebung in privater Hand. Von rund 54.000 Wind- und Wassermühlen in Deutschland im Jahre 1855 blieben 1939 noch rund 18.000 übrig. Heute sind wohl kaum noch 1.000 erhalten und mit Wasserkraft eher zur Stromerzeugung aktiv. Mehl wird nur noch aus Liebhaberei gemahlen.
Diesen Artikel widmet das lilienjournal Dr. Rolf Schwalbach. Der im Januar 2013 verstorbene Dotzheimer Heimatforscher war nicht nur langjähriger Vorsitzender des Heimat- und Verschönerungsvereins, sondern trieb auch die Einrichtung des Dotzheimer Heimatmuseums voran. Er schrieb zahlreiche Bücher. Sein letztes, 2011 im Thorsten-Reiß-Verlag erschienen: „Die Mühlen zwischen Dotzheim und Biebrich“, half uns maßgeblich bei der Recherche.
Hammermühle
Die Hammermühle im Salzbachtal diente seit dem Mittelalter als wasserbetriebener Eisenhammer, der in den französischen Raubkriegen um 1688 zerstört wurde. Sie wurde bereits 1690 als Getreidemühle wieder aufgebaut, deren Glanzzeit durch ein im Jahre 1843 von Neidern gelegtes Feuer zu Ende ging.
1807 erwarb der Müller und Bäcker Bernhard May die Mühle, modernisierte sie, brachte sie technisch auf den neuesten Stand und schuf einen Musterbetrieb. Außerdem errichtete er eine Bäckerei und belieferte die in Wiesbaden stationierte Nassauische Infanterie. Bernhard May spielte in der Geburtsstunde der deutschen Demokratie eine zentrale Rolle. Im Revolutionsjahr 1848 stellte die Hammermühle ein geistiges Zentrum der Freisinnigkeit dar und bot politisch Verfolgten eine Zuflucht. Gemeinsam mit seinem Schwiegersohn, dem Verleger Christian Scholz, machte May die Mühle zum kulturellen Treffpunkt. So waren Brahms, Clara Schumann und Heinrich Heine Gäste.
Von dem Investor und Liebhaber alter Gebäude Uli Brandner im letzten Jahrzehnt erworben und saniert, stellt die Hammermühle heute ein Ensemble mit fast zwei Dutzend Wohnungen dar. Neueste Expansionsplanungen der ELW und eine eventuelle Erweiterung der Kläranlage in unmittelbarer Nähe bedrohen möglicherweise die Hammermühle in ihrer idyllischen Wohnlage.
Am Sonntag, den 14.06.2015, findet ab 11 Uhr im Rahmen des Biebricher Höfefests ein großer Floh-, Trödel- und Spezialitätenmarkt in der Hammermühle statt. Eine ideale Besuchsgelegenheit.
Obermühle
Zwischen Igstadt und Medenbach gelegen bewohnt die Familie Eismann, Nachfahren der letzten Müller, die 1563 erbaute Obermühle. Noch bis 1954 war sie in Betrieb. Die letzten Mühlsteine wurden damals verkauft, heute wird sie als Wohnhaus genutzt.
Stickelmühle
Am Eingang des Goldsteintales wurde sie 1709 errichtet und hat ihren Namen vom nahen „Stickelwald“ und „Stickelbach“ bekommen. Fischteiche in der Umgebung sicherten zusätzliches Einkommen. Wenn zu wenig Wasser da war, wurde auch mit Tieren angetrieben. Im Zweiten Weltkrieg beschlagnahmte das Militär das Gebäude. Später wurde es zur Mischfutterfabrik und zum Textilbetrieb. Gastronomisch ebenfalls lange in Betrieb, steht das Anwesen mit einigen Hektar Land nun zum Verkauf.
Klingenmühle
Die idyllisch am Waldrand zwischen Breckenheim und Medenbach gelegene Mühle wird von Frank und Birgit Dengel bewohnt, Nachfahren des Wiesbadener Filmproduzenten Fred Dengel, der sie 1989 erwarb und hier seiner Leidenschaft für Kleinpferde und andere Tiere nachging. Das Ehepaar Dengel junior hat die alte Mühle renoviert, nutzt Teile als Künstleratelier und vermietet einige Wohneinheiten. Sie selbst bewohnen das Fachwerkhaus, das schon in früheren Jahren als Wohnhaus diente. Die eigentliche Mühle wurde schon lange zuvor abgebaut und soll anderweitig wieder aufgebaut worden sein.
Hockenberger Mühle
Nur wenige Gästen des beliebten Ausflugslokals bei Kloppenheim wissen vermutlich, auf welch historischem Boden sie sich hier befinden. Aus der Ortschronik von Wilhelm Göbel lässt sich entnehmen, dass die Mühle an dieser Stelle bereits vor Jahrhunderten errichtet wurde. Zuvor stand dort das „Hockenhaus“ am Wickersbach. Als Lehen des Klosters Eberbach noch als Weinberg genutzt, musste der Pächter um 1467 „jährlich 1 Huhn und 2 Schillinge Pacht“ entrichten. Der Mediziner „Johann Jacob Comentz“ Der Mediziner Johann Jacob Comentz errichtete die Mühle dann 1668, nach Erlaubnis des Grafen Johann von Nassau-Idstein, an der heutigen Stelle, die sog.“Doctor-Mühle“. In den nächsten Jahrzehnten gab es einige Besitzwechsel, bis seit 1737 die Familie Esaias das Mühlenbuch führte und sich der damalige Müller Wilhelm Esaias 1907 entschloss, oberhalb der Mühle, direkt an der Straße, eine Gastwirtschaft zu errichten. Sein Enkel, Rolf Esaias, lebt noch heute mit seiner Familie im Wohnhaus neben der Gaststätte, betreibt Landwirtschaft und eine kleine Pferdepension.