Im Herzen Wiesbadens feiern ohne Schickimicki-Touch, wo geht das besser als auf dem Kranzplatzfest? Fast so alt wie das Theatrium, hat das privat organisierte Fest rund um den Kochbrunnen seinen Charme weitgehend behalten. Mit dem kommerziellen Wesen des WilhelmstraĂenfestes will das Original nicht konkurrieren. Von Jung bis Alt ist hier alles unterwegs, und alle wollen fĂŒr ein paar Tage die Zeit anhalten, den Alltag ablegen und neben den kulinarischen Angeboten die Musik genieĂen â und das bei jedem Wetter. Von Mario Bohrmann und Peter Schmidt
Es wird ihnen nicht leicht gemacht, den Machern des Kranzplatzfestes. Das war frĂŒher so und hat sich bis heute nicht verĂ€ndert. Im Gegenteil: Der Druck auf die Organisatoren nimmt stetig zu. Strengere Sicherheitsauflagen und erhöhte Kosten lassen sich nur noch schwer auf die teilnehmenden Standbetreiber umlegen, will man nicht den öffentlichen und nur am Rande kommerziellen Charakter des Festes zu Grabe tragen.
Wenn das mittelgroĂe Bier fĂŒnf Euro kostet, Pfand hin oder her, und man auf Höhe des Theatriums liegt, wird vielen die Lust am Kranzplatzfest vergehen. Insoweit ist es in erster Linie der Gemeinschaftsleistung einiger Gastronomen und anderer Organisatoren, die sich zuletzt in der Werbegemeinschaft Kranzplatzfest e. V. zusammengeschlossen haben, zu verdanken, dass dieses Fest seit 1981 weitgehend unverĂ€ndert, wenn auch weiterentwickelt, bestehen kann.
Die UrsprĂŒnge gehen noch etwas weiter zurĂŒck. Bereits 1978, eine eher âlinke Zeitâ, wollten einige âRevoluzzerâ den Kranzplatz mit kĂŒnstlerischen Veranstaltungen stĂ€dtischem Gestaltungseinerlei entreiĂen und widersprachen erstmals dem stĂ€dtischen Ansinnen, den Platz um die Kochbrunnen in sterile und wohlgeordnete Rosenbeete zu verwandeln. Stattdessen sollte dort die Möglichkeit geschaffen werden, auch mal wild auf freiem Platz zu feiern und zusammenzukommen (siehe Infokasten).
Aus den ersten Jahren und eintĂ€gigen Festen, in denen auch das legendĂ€re NerostraĂenfest entstand, hat sich dieses, fĂŒr viele Wiesbadener schönste Fest der Innenstadt, erhalten und stetig vergröĂert und entwickelt. Es wird nach wie vor privat organisiert, damit Wiesbadener hier befreit von vielen Konventionen feiern und sich treffen können.
Klappe, die Erste
Noch bevor âDie Klappeâ â namentlich ein Tribut an die vielen Wiesbadener Filmschaffenden, die hier ein- und ausgingen â als Kneipe die NerostraĂe zusĂ€tzlich bereicherte, war der ZDF-Kameramann Werner Vollbrandt bereits im Geschehen involviert und engagiert. Er gilt als der eigentliche Vater des heutigen Kranzplatzfestes, hat er doch als hauptverantwortliche Einzelperson das nun mehrtĂ€gige Event ab 1981 organisiert, unterstĂŒtzt von Gastronomen aus dem damaligen berĂŒhmt-berĂŒchtigten âBermudadreieckâ von Saalgasse und NerostraĂe bis zur TaunusstraĂe, einem lebensfrohen Ausgehviertel, das es so heute nicht mehr gibt. Auch immer mit dabei war der 2010 verstorbene Michael Palme, ebenfalls ein ZDF-Mann (Sport).
Das CafĂ© KrĂ€nzchen, Bebop, Rheingold und andere Gastronomen von Kranzplatz und Saalgasse waren mehr oder weniger lange Zeit dabei oder sind es irgendwie immer noch. Aus dem âKrĂ€nzchenâ von Lothar Reintgen wurde spĂ€ter das Le Monde, da hatte sich die Szene bereits verĂ€ndert und funktionierte nicht mehr so locker flockig wie frĂŒher, erzĂ€hlen uns Insider â nach fast 90 Jahren Bestehen als GaststĂ€tte wird nun auch das âRheingoldâ in der Mitte der Saalgasse zum LadengeschĂ€ft. Sein Betreiber, Guido Back, war ebenso ein Urgestein frĂŒher Stunde.
Die genannten Gastwirte gibt es so schon lange nicht mehr an alter Stelle. Aber die ganze Ecke profitiert von Kranzplatzfest, und auch die Anwohner kommen mit vier Tagen Ausnahmezustand vor der HaustĂŒr anscheinend noch gut zurecht.
Nach dem Tod von Werner Vollbrandt 2003, der mehr als 20 Jahre die Geschicke gelenkt hatte, wollte niemand mehr alleine in diese groĂen FuĂstapfen treten: Die Werbegemeinschaft Kranzplatzfest organisierte sich als Verein neu. Eine GemeinnĂŒtzigkeit anzustreben ist mit dem einzigen Vereinszweck, nĂ€mlich jĂ€hrlich zwischen Christi Himmelfahrt und dem folgenden Sonntag eine groĂe, öffentliche Party zu organisieren, nicht möglich. Somit stehen die VereinsvorstĂ€nde auch selbst im Feuer, wenn die Kalkulation nicht aufgeht. Standbetreiber und Organisatoren mĂŒssen die gewaltigen, fĂŒnfstelligen Gesamtkosten, auch Honorare von Bands und BĂŒhnenbauern, ohne jede Absicherung stemmen.
Bescheidene UnterstĂŒtzung durch die Stadt
Ein besonderes, wenn nicht das schönste frei zugĂ€ngliche Fest der Innenstadt, erhĂ€lt sage und schreibe 1.000 Euro Zuschuss aus dem Kulturdezernat. Das war es auch schon mit der stĂ€dtischen UnterstĂŒtzung. Alleine die Gema-GebĂŒhren fĂŒr vier Tage haben sich zuletzt auf 7.000 Euro vervielfacht …
Die Organisatoren haben heute zudem deutlich mehr Auflagen als frĂŒher zu berĂŒcksichtigen und teilen sich die Aufgaben im Team. Gemeinsam kĂŒmmern sie sich um Etat, Logistik, BĂŒhnen und Musik, aber nur Ivo, frĂŒherer Macher der Haltbar, verantwortet federfĂŒhrend das Programm. Gute Bands treten keineswegs mehr fĂŒr ein Freibier auf. Man will auch etwas bieten, und traditionell regional kann Wiesbaden musikalisch auch das. Feste GröĂe ist heute unter anderem Mallet als Rockband. Tom Woll ist von Anfang an dabei, andere blieben es ĂŒber lange Zeit. Weil es hier nicht nur ums Geld geht, sondern auch um ein LebensgefĂŒhl â und die Sache.
Umso mehr gilt es, auch die Kosten und die Kasse im Blick zu behalten, was derzeit Cordula vom âKarimsâ an den Quellen ĂŒbernimmt. Lange Zeit war das Karims mit seinem Restaurant selbst an den Kochbrunnenkolonnaden zur Saalgasse hin angesiedelt, neben dem alten âLes Arcadesâ, spĂ€ter âSpitalâ â und sie schenken auch heute noch am Kranzplatzfest aus. Erstmals dabei ist auch die neu in Wiesbaden eingezogene Systemgastronomiekette âCafĂ© del Solâ, die das Spital von seinen alten Betreibern gekauft und rundum erneuert haben.
Zusammenhalt und Miteinander
Die gastronomischen Standorte sind seit langem fest vergeben und nur selten kommt es zu Wechseln und Folgebetreibern â obwohl es bei schlechtem Wetter keineswegs garantiert ist, als Betreiber auf seine Kosten zu kommen. Guter Gewinn ist manchmal drin, in anderen Jahren, wie im letzten FrĂŒhjahr, schwimmt man auch mal weg. Starkregen und Hagel setzten 2016, mitten in der Festzeit, den Platz teils hĂŒfthoch unter Wasser. Die GĂ€ste flohen aber nicht reihenweise, sondern halfen, wegschwimmende BĂ€nke zu sichern, den Strom zu kappen, um wenige Stunden spĂ€ter wieder aufgerĂ€umt, wenn auch noch feucht und zunĂ€chst in kleinem Kreise gemeinsam weiterzufeiern. Und tags darauf schien auch wieder die Sonne. Darauf verlassen kann man sich nie. Aber solche Aktionen zeichnen das Fest aus.
JĂŒrgen Kraus steht als Vorstand des Vereins und langjĂ€hriger Betreiber des âPalasthotelsâ direkt am Kranzplatz den Organisatoren nach auĂen hin vor und verantwortet das Ganze. Seit Neuestem mĂŒssen nun auch klare Standnummern bis ins letzte Glied vergeben werden, nicht nur an die GetrĂ€nke- und EssensstĂ€nde, sondern auch den traditionell teilnehmenden Flohmarktbetreibern um die Kochbrunnenmuschel herum, muss eine Ziffer zugeteilt werden, damit der Rettungswagen oder die SicherheitskrĂ€fte ihr Ziel im Notfall schnell finden. Eigentlich in Ordnung, doch bei fliegenden HĂ€ndlern in ohnehin eng umgrenztem Gebiet wohl unnötig.
Schwer kalkulierbar
Dies alles vergröĂert den Aufwand, denn nicht nur die Gema hat in den letzten Jahren, wie bereits erwĂ€hnt, die GebĂŒhren auf rund 7.000 Euro erhöht, und dies unabhĂ€ngig davon, ob Bands nur eigene Lieder spielen oder ob das Radio lĂ€uft. Auch die Reinigungskosten der Entsorgungsbetriebe (ELW) schlagen in Ă€hnlicher Höhe zu Buche. Dagegen sind die Kosten fĂŒr WasseranschlĂŒsse und Strom schon fast zu vernachlĂ€ssigen. Die BĂŒhnen mitsamt der Technik summieren sich auch auf deutlich fĂŒnfstellige BetrĂ€ge. Und dennoch bleibt das Kranzplatzfest unter dem Motto âUmsonst und drauĂenâ!
Erinnerungen
In einem GesprĂ€ch mit Lothar Pohl von der Wiesbadener Kultband âDie Crackersâ erinnert sich dieser vor allem an die langjĂ€hrigen Baustellen am Kranzplatz um 1978 und die AnfĂ€nge des Festes. So benannte sich auch die Theatergruppe âBaustelleâ nach dem umgebenden Raum und organisierte eines der Feste der frĂŒhen Phase. In dieser Zeit startete nebenan auch das legendĂ€re und ebenso gewollt unkommerzielle NerostraĂenfest, das fortan auf Anfang September verlegt wurde, um dem neuen und sich etablierenden Kranzplastfest nicht im Wege zu stehen. Hauptorganisator beim NerostraĂenfest war bis zu seinem Tod der Inhaber des CafĂ© Preussger, heute hat Daleâs Cake seinen Laden darin. Insbesondere die âFilmcliqueâ aus hier lebenden ZDFlern, in Zeiten, als das ZDF seinen Hauptsitz in Wiesbaden hatte, trieb das lange Zeit mit den Anwohnern gefeierte NerostraĂenfest wie auch das Kranzplatzfest an. Gemeinsam mit anderen Kunstschaffenden und Gastronomen vereinnahmten die Fernsehleute diese RĂ€ume, um sie mit neuem Leben zu erfĂŒllen. Das NerostraĂenfest verlor mit der Zeit seine Organisatoren, und ein Neustart vor 14 Jahren konnte es, auch aufgrund erhöhter Auflagen und groĂer Enge, nicht dauerhaft wiederbeleben. Das Kranzplatzfest dagegen behielt seine Möglichkeiten und Macher, und fand die genannten neuen.
Bermudadreieck â abgesoffen
Allein die NerostraĂe hatte in den 70er Jahren rund zehn Kneipen. âJohnnyâ wachte mit seinem Kiosk und Argusaugen ĂŒber die NerostraĂe und darĂŒber, wer da zu laut mit wem noch etwas trinkt nach ein Uhr. Eine freiwillige Selbstkontrolle der Vernunft. SchrĂ€g gegenĂŒber von Johnny outeten sich vor gut 30 Jahren erstmals schwule Gastonomen als solche (neben dem âRobin Hoodâ), sie fĂŒhrten lange Zeit erfolgreich das legendĂ€re âSpitzwegâ: ganz âheteroâ, mit Billard, langer Theke und Seidentapeten, einfach urgemĂŒtlich. Ihre Nachfolger in diesem Lokal konnten alle nicht daran anschlieĂen â heute ist es eine Shisha-Bar. Schon die VorgĂ€nger hatten umgebaut, renoviert, und der Spitzweg-Charme war lange dahin. Man ging ins E. G. (Elftes Gebot), Parsival oder die Zwiebel in der TaunusstraĂe; und wenn die letzte Kneipe zumachte, wusste man: Im Sir Winston Churchill gibt es noch bis mindestens drei Uhr etwas Warmes zu essen â und den letzten Absacker.
In den 1980er Jahren machte dann ein frĂŒherer Kellner aus dem Jazz-House seine eigene Kneipe an der TaunusstraĂe auf, wĂ€hrend das âWirtshausâ fĂŒr gut 20 Jahre den Standort in der NerostraĂe ĂŒbernahm. Zuletzt wurde mit dem âGestĂŒt Renzâ das Pferd leider totgeritten. Wer auch immer hier die Schuld tragen mag, dass diese Institution einer Eckkneipe zumindest als Tanz-Location schlieĂen muss â die Zeiten dort haben sich offenbar geĂ€ndert. Im alten Bermudadreieck kann man zwar noch in der frĂŒhen Nacht an einigen Orten entspannt âchillenâ, aber feiern âuff de Gassâ bis in den frĂŒhen Morgen, das ist vorbei. AuĂer am Kranzplatzfest.
Mehr und mehr eine Kostenfrage
Die Crackers, allen voran Lothar Pohl und Stephan Ohnhaus, spielten nur im ersten Jahr, als Band gebucht, mit â sie schwammen ja in den 1980ern auf der Neuen Deutschen Welle ĂŒberregional erfolgreich und konnten hier nicht annĂ€hernd ihre gewohnten Gagen erzielen. Sie traten aber doch immer mal wieder spontan oder solo auf, man war ja ohnehin immer auf dem Kranzplatzfest, und zwar als Gast!
Immer unkonventionell
Das Kranzplatzfest war und ist immer auch ein wenig improvisiert, dennoch hat das Fest mit bescheidenen BĂŒhnen und Anlagen mit der Zeit einen deutlich professionelleren Charakter angenommen.
Lothar Pohl:
âFrĂŒher standen da zwei Sonnenschirme drauf, dann hieĂ es, hier ist ein Kasten Wasser fĂŒr die Musikanten und zwei Bierbons, und jetzt könnt ihr spielen, fĂŒr 300 Mark …
… Es war immer ein bisschen improvisiert, auch die Gastronomie, aber es hatte natĂŒrlich dadurch auch den Charme, den die Menschen alle mochten â deshalb strömten sie dahin.â
Heute ist das Kranzplatzfest nicht nur professioneller und durch die Versetzung der HauptbĂŒhne Richtung TaunusstraĂe in sich gröĂer und weitrĂ€umiger geworden, es liegen auch keine Kabel mehr lose im Matsch herum, sondern ordentlich unter KabelbrĂŒcken. Zudem gibt es Toiletten, wenn auch mit Wartezeiten, anfangs war selbst das alles andere als selbstverstĂ€ndlich.
Lothar Pohl erinnert sich auch an pragmatische Lösungen in der frĂŒhen Zeit, auch an heute undenkbare Vereinbarungen, wie etwa den âStrom-Dealâ mit dem Polier, der damals die Sanierung des Palasthotels leitete: Das GebĂ€ude lag einfach am nĂ€chsten, und niemand machte sich einen Kopf, wenn der Strom von dort abgezapft wurde. Der Polier bekam 50 Mark auf die Hand, und die âGroupiesâ des Kranzplatzfestes brachten spĂ€ter den Bauverteiler, um die damalige HauptbĂŒhne neben dem Kochbrunnentempel mit ElektrizitĂ€t zu versorgen. Dies ist alles lĂ€ngst verjĂ€hrt und steht nur als eine von vielen Anekdoten fĂŒr dieses besondere Fest, auf das sich seit bis zu 35 Jahren nicht nur Wiesbadener aller Altersgruppen freuen. Es gibt sogar Fans, die fĂŒr diese Tage extra wieder in die Heimat reisen. Und viele, auch die Autoren dieser Zeilen, sind mit ihm aufgewachsen und werden hoffentlich mit ihm alt.
Das Kranzplatzfest steht wohl wie keine andere öffentliche Veranstaltung im Zentrum Wiesbadens fĂŒr ein lockeres Miteinander. Mitten im FrĂŒhling, wenn man viele Menschen seit dem letzten Herbst, andere seit vielen Jahren, nicht mehr gesehen hat, findet man sie â wenn ĂŒberhaupt â hier!
Dazu einige Aussagen:
Tom Woll (Wiesbadener Musiker-Urgestein): âIch liebe das Kranzplatzfest â es ist mein Wohnzimmer! Nicht nur weil ich seit dem ersten Fest dabei bin; das Ambiente, die Leute, der Kranzplatz, fĂŒr mich ist das Wiesbadens schönstes StraĂenfest. Kranzplatzfest for ever!â
Achim Exner (OberbĂŒrgermeister von 1985 bis 1997): âDas Kranzplatzfest ist, wie einst ,Folklore im Gartenâ, attraktiv fĂŒr alle Generationen. Ich treffe dort jedes Jahr meine alten Freunde und jetzt auch meine Kinder und Enkel.â
Manfred DĂŒnzl (hat 1979 die Band Mallet gegrĂŒndet): âDas Oberstufengymnasium Moltkering, der Kranzplatz, das Nero und das CafĂ© Hahn in der Danziger StraĂe haben fĂŒr uns damalige SchĂŒler immer das magische Viereck gespielt. Morgens von der Schule in den Freistunden ins CafĂ© Hahn, dann nachmittags zum Proben mit Mallet auf den Neroberg und abends auf den Kranzplatz ins CafĂ© KrĂ€nzchen. Das war unsere Heimat, hier waren unsere Freunde. Und die trifft man immer noch auf dem Kranzplatzfest. Jedes Jahr, die kommen sogar extra angereist. Das finde ich toll, und dass ich fĂŒr die Leute dort mit Mallet immer noch Musik machen darf, ist mega.â
Klaus Koschwitz (Bassist, mit der Formation âHenderson plays Hendrixâ, Stammgast auf dem Kranzplatzfest): âDas Kranzplatzfest ist fĂŒr mich eins der attraktivsten Feste in Wiesbaden, auch wenn der Kranzplatz schon lange nicht mehr existiert. (Mit dem Abriss des alten Hotels Rose verschwand der historische Kranzplatz.) Der Kochbrunnenplatz ist das Herz Wiesbadens, hier spielte schon immer die Musik â zentraler geht es nicht mehr. Das Publikum ist bestens gelaunt, das Programm hervorragend, die Organisation lĂ€sst nichts zu wĂŒnschen ĂŒbrig.â
Sam Matthias Kuhfus (Redakteur und Moderator der âLocal Music Radio Showâ auf Radio Rheinwelle): âFĂŒr mich hat das Fest einen besonderen Stellenwert. Es hat sich inzwischen vom damals noch sehr improvisierten und privat organisierten Festchen am Rande der damaligen Wiesbadener Szene (Saalgasse und NerostraĂe auf der einen und Schiffchen auf der anderen Seite) zu einem Fest entwickelt, das fĂŒr sein Live-Musikprogramm, sein kulinarisches Angebot und seinen Multi-Kulti-Charakter weit ĂŒber die Grenzen der Stadt bekannt geworden ist. Ich denke dass es viele Menschen meines Alters Ă€hnlich sehen wie ich: Das Kranzplatzfest ist â jetzt, da die alte Wiesbadener Szene gerade ganz massiv im Sterben liegt â ein Relikt aus der guten alten Zeit, das diese erfreulicherweise ĂŒberlebt und sich immer wieder ein bisschen neu erfunden hat.
Vorgeschichte Kranzplatzfest â KĂŒnstler und Gastronomen besetzen den Raum
Die Kunstschaffenden Marc van den Broek, Hans Hollinger und Matthias Schneider haben 1977 den Verein âTripol e. V.â mitbegrĂŒndet, aus dem spĂ€ter die KleinkunstbĂŒhne Hinterhaus und daraus das Thalhaus-Theater wurde. Zeitungsartikel aus dieser Zeit belegen, wie die Wiesbadener KĂŒnstlerszene und Anwohner um den Kranzplatz als öffentlichen Raum fĂŒr Veranstaltungen kĂ€mpften. Die Grundidee war, zunĂ€chst den Kranzplatz fĂŒr Veranstaltungen zu sichern. Die Stadt plante dort einen Rosengarten mit âBetreten verbotenâ-Schildern.
So organisierten sie im Juni 1978 eines der ersten Feste auf dem Kranzplatz mit Kultur und Geselligkeit, mit bereits Ă€hnlichem Zuschnitt, wie dem heutigen. Ziel war auch, unterstĂŒtzende Mitglieder fĂŒr den Aufbau ihres Vereins zu werben. Es gab sehr positive Resonanz, aber auch Vorurteile mancher Wiesbadener, denen die Veranstalter mit einem interessanten Leserbrief begegneten. Man kann dieses Fest als den ersten VorlĂ€ufer des Kranzplatzfestes bezeichnen, bevor Werner Vollbrandt es drei Jahre spĂ€ter in seine heutige Form brachte.
Es waren auch wilde Zeiten, der âDeutsche Herbstâ forderte im Jahr zuvor viele Opfer durch den Terror der RAF. „AuĂer der Norm“  engagierte Initiativen wie âTripolâ wurden in dieser Zeit konstant vom BKA beobachtet und sogar ein Geheimdienstler wurde in die Gruppe eingeschleust. Akten dazu sind beim BKA noch heute unter Verschluss!